Oft wird die Angabe zur Gehaltsvorstellung schon in der Bewerbung verlangt. Doch über Finanzielles zu reden, fällt vielen Jobsuchenden eher schwer. Mithilfe unseres Ratgebers wissen Sie, was Sie bei diesem wichtigen Punkt schreiben können – und wie Sie ihn am besten formulieren.
Wieso Sie über die Gehaltsvorstellung in der Bewerbung sprechen sollten
Über Geld spricht man nicht! Dieser Satz hält sich in der deutschsprachigen Berufswelt hartnäckig. Dabei ist auch das wichtig, wenn es um eine neue Stelle geht: das Geld. Denn nur, wer für seine Tätigkeit angemessen bezahlt wird, kann auf Dauer gut und motiviert arbeiten. Studien vom Institut zur Zukunft der Arbeit haben beispielsweise ergeben, dass das Gefühl einer schlechten oder unfairen Bezahlung die Gesundheit der betroffenen Arbeitnehmer:innen nachweislich in Mitleidenschaft zieht. Sogar die Wahrscheinlichkeit einer Herzkrankheit steigt um ein Drittel.
Die Anzeichen für eine Unterbezahlung zu kennen und zu wissen, welches Gesamtpaket Sie rund um Ihren Gehaltswunsch zufrieden macht, ist daher wichtig für langfristige Zufriedenheit im Job – und für Ihre geistige wie psychische Gesundheit.
Also gilt: Über Geld muss man sprechen. Und das ohne Umschweife und klar auf den Punkt gebracht. Manchmal erst im persönlichen Vorstellungsgespräch, aber häufig wird schon in der Stellenausschreibung eine Gehaltsvorstellung gefordert. Nutzen Sie diese Möglichkeit: Mit guter Vorarbeit und unseren praktischen Tipps haben Sie einen Werkzeugkoffer für mehr Erfolg an der Hand.
Den Gehaltswunsch professionell festlegen
Wie finde ich meinen Marktwert?
Um Ihren Marktwert zu finden, gehen Sie folgendermaßen vor:
- Schritt 1: Setzen Sie sich damit auseinander, was Menschen in vergleichbaren Positionen mit einem gleichwertigen Werdegang verdienen.
Nutzen Sie ähnliche Stellenanzeigen, in denen Beträge genannt werden oder den Gehaltsvergleich von Glassdoor. Hierbei wird Ihre Region automatisch einbezogen – das ist wichtig, um einen realistischen Gehaltswunsch ermitteln zu können. Denn in manchen Gegenden oder Großstädten sind die Gehälter höher als in anderen. - Schritt 2: Scheuen Sie nicht davor, Ihr Netzwerk zu befragen.
Tauschen Sie sich mit Freunden und Bekannten aus, um eine praxisnahe Vorstellung zu bekommen. Besonders hilfreich ist das bei Arbeitnehmer:innen, die im gleichen Bereich wie Sie arbeiten.
Ihren Marktwert zu kennen, bewahrt Sie vor zwei Fehlern: Einer überzogenen Gehaltsvorstellung in Ihrer Bewerbung und Ihrem Anschreiben und einem “Verkauf unter Wert”.
Orientieren Sie sich zusätzlich an Ihrem aktuellen Gehalt. Ihre neue Forderung sollte zehn bis maximal 20 Prozent zusätzlich nicht übersteigen – zumindest dann, wenn Sie auf einem gleichen Karrierelevel einsteigen. Bei Karrieresprüngen ist das natürlich anders. In diesem Fall hilft Ihnen eine detaillierte Recherche, Ihren Gehaltswunsch festzulegen.
Ober- und Untergrenze beim Gehalt: Was ist zu hoch, was zu niedrig?
Für die Obergrenze sind zehn Prozent über dem Wunschgehalt eine gute Orientierung. So können Sie Kompromisse eingehen, ohne schmerzhafte Verluste zu machen. Aber auch eine Untergrenze sollten Sie bestimmen. Das ist der Betrag, den Sie auf keinen Fall unterschreiten möchten. Schließlich müssen Sie mit Ihrem Gehalt Ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Die Gehaltsvorstellung in der Bewerbung – eine Entscheidung für die Zukunft
Vergessen Sie nicht, dass die Angabe Ihrer Gehaltsvorstellung nicht nur mitentscheidend dafür ist, ob Sie zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden oder einen Job überhaupt bekommen. Sie bestimmt auch potenzielle Gehaltssteigerungen auf Ihrem weiteren Berufsweg. Denn wenn Sie nach einiger Zeit eine Gehaltsverhandlung führen, liegt zunächst Ihr Einstiegseinkommen zugrunde. Wer von Anfang an mehr verdient, ist also auch auf lange Sicht gesehen im Vorteil. Und bei prozentualen Erhöhungen machen einige hundert Euro eine Menge aus.
Frage an den Karrierecoach: Was ist schlimmer – Einen zu hohen oder einen zu niedrigen Gehaltswunsch zu äußern?
Bastian Hughes: „Schwierige Frage. Was ist zu niedrig? Was ist zu hoch? Mit der richtigen Vorbereitung lassen sich falsche Vorstellungen beim Gehalt meistens vermeiden. Falls Sie gerade am Anfang Ihrer Karriere stehen, wissen Personaler:innen, dass Ihnen Erfahrung bezüglich der Gehälter fehlt. Viele Personaler:innen sind hier nachsichtig, denn sie haben auch die Aufgabe zu schauen, dass das Gehalt eines Arbeitnehmers angemessen für die ausgeschriebene Stelle ist.“
Die Frage nach dem Gehaltswunsch ignorieren? Ein No-Go
Die Frage nach dem idealen Gehaltswunsch in Ihrer Bewerbung ist nicht leicht zu beantworten, erfordert eine gute Recherche und das Heranziehen der richtigen Gradmesser. Doch auch wenn es auf den ersten Blick einfacher scheint, gar keine Gehaltsspanne zu nennen und das Anschreiben für die Bewerbung ohne die entsprechenden Angaben zu verschicken, sollten Sie dies nicht tun. Wird in einer Stellenausschreibung explizit um eine Gehaltsangabe gebeten, ist diese ein Muss. Ansonsten erwecken Sie den Eindruck, dass Sie die Stellenanzeige nicht gründlich gelesen haben – oder dass Sie unsicher sind und daher keine Angaben machen können oder wollen.
Selbst wenn ausweichende Antworten wie “meinen Gehaltswunsch teile ich Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch mit” hin und wieder funktionieren können, laufen Sie dabei immer Gefahr, eine Absage zu erhalten. Besser: Finden Sie selbst heraus, ob das Budget des Wunschunternehmens mit Ihrer Gehaltsvorstellungen zusammenpasst.
Bonus-Tipp
Versuchen Sie, die Frage nach der Gehaltsspanne an den Arbeitgeber zurückzuspielen. Wird die Gehaltsvorstellung in der Bewerbung gefordert, holen Sie bei Ihrem Wunschunternehmen Erkundigungen ein. Trauen Sie sich: Rufen Sie bei dem oder der Ansprechpartnerin an und fragen Sie, welches Budget für die Stelle vorgesehen ist. Zeigen Sie dabei, dass Sie sich rundum mit der Position beschäftigen – und Wert auf den persönlichen Kontakt legen.
Gelingt das Einholen der Information nicht, bleiben Sie professionell und erarbeiten Sie mit unseren Tipps nach bestem Wissen und Gewissen eine realistische Gehaltsvorstellung für Ihre Bewerbung. Das gilt im Übrigen auch, wenn Sie auf Online-Portalen den Gehaltswunsch per Dropdown angeben müssen. Nehmen Sie sich genügend Zeit, um Ihren Marktwert zu ermitteln – und füllen Sie diesen Abschnitt niemals vorschnell aus.
So können Sie die Gehaltsvorstellung im Anschreiben formulieren
Es ist also sinnvoll, die Aufforderung zur Nennung des Wunschgehalts zu erfüllen. Häufig besteht bei vielen Bewerberinnen und Bewerbern Unsicherheit darüber, wie genau ein Gehaltswunsch formuliert wird. Allgemein gilt: Wenn das Unternehmen Bewerberinnen und Bewerber dazu auffordert, über Geld zu sprechen, dann sollten Sie das bei Ihrem Anschreiben auch tun. Haben Sie von Ihrem Wunschunternehmen eine Auskunft über eine Gehaltsspanne für die Position erhalten, ist das ein klarer Vorteil für Sie.
Sollen Bewerber:innen auch dann einen Gehaltswunsch im Anschreiben äußern, wenn dies nicht explizit verlangt wird?
„Wenn in der Stellenausschreibung keine Gehaltsangabe gefordert wird, dann brauchen Bewerber:innen Ihren Gehaltswunsch nicht im Anschreiben zu äußern“, sagt Karrierecoach Bastian Hughes. „Aber bitte nicht zu früh freuen, häufig nutzen Unternehmen ein sogenanntes Bewerbermanagementsystem und die Gehaltsvorstellung wird dann beim Hochladen der Bewerbung in einem separaten Feld in der Eingabemaske abgefragt.
Ein weiterer Grund für die fehlende Abfrage der Gehaltsvorstellung kann sein, dass das Unternehmen einer Gewerkschaft angehört und somit der Tarifvertrag die Einstufung des Gehaltes vorschreibt. In solchen Fällen ist leider nur selten Spielraum für eine Gehaltsverhandlung.“
Wo steht die Gehaltsvorstellung in der Bewerbung?
Die richtige Stelle für den Gehaltswunsch ist am Schluss Ihres Anschreibens. Auf diese Weise fallen Sie nicht mit der Tür ins Haus – aber bleiben mit einer wichtigen Aussage im Gedächtnis des Empfängers oder der Empfängerin Ihrer Bewerbung.
Orientieren Sie sich für die Gehaltsvorstellung in Ihrer Bewerbung an folgendem Muster:
- Nennen Sie das gewünschte Brutto-Jahreseinkommen:
“Meine Gehaltsvorstellungen liegen bei 45.000 Euro brutto im Jahr.”
- Möglich ist auch die Nennung einer Gehaltsspanne:
“Meine Gehaltsvorstellungen liegen zwischen 40.000 und 45.000 Euro brutto im Jahr.”
Machen Sie sich bei der zweiten Variante aber bewusst, dass eine Gehaltsspanne weitere Gehaltsverhandlungen nach sich ziehen kann. Besonders in den Fokus rückt hier Ihr Verhandlungsspielraum, den Sie nach der Recherche festgelegt haben: Behalten Sie genau im Hinterkopf, wie niedrig Sie die untere Grenze ansetzen können. Verzichten Sie außerdem auf die Nennung einer solchen Gehaltsspanne, wenn Sie das Budget für die Stelle erfahren haben. Dann ist es besser, sich auf eine konkrete Zahl zu berufen. Ansonsten ist es gut möglich, dass Sie eher an die untere Grenze rutschen.
Frage an den Karrierecoach: Was ist besser – eine konkrete Summe nennen, oder eher eine Gehaltsspanne angeben?
Bastian Hughes: „Ich empfehle bei Bewerbungsunterlagen immer, eine Gehaltsspanne zu nennen, da Sie genaue Informationen zu einer Stelle erst im Bewerbungsgespräch erhalten. Aber: Sobald Sie im Vorstellungsgespräch sitzen, müssen Sie eine konkrete Zahl nennen, ansonsten überlassen Sie es Ihrem Gegenüber, über Ihr Gehalt zu entscheiden.“
Bonus-Tipp
Bedenken Sie bei Ihren Gehaltsvorstellungen, dass nicht nur Geld zum Gehalt zählt. Auch Zusatzleistungen können Sie in die Verhandlungen einbeziehen. Hierbei kann es sich um Home-Office als Option, Aus- und Weiterbildungen, Kinderbetreuung oder besondere Fitness- und Gesundheitsangebote handeln.
Die Gehaltsvorstellung im Bewerbungsgespräch thematisieren
Im Bewerbungsgespräch sollten Sie darauf achten, dass Ihr Gegenüber die Chance hat, das Thema Geld selbst vorzubringen. Im besten Fall erhalten Sie die Information über einen ganz bestimmten Betrag von Seiten des Arbeitgebers. Ist das bis zum Ende des Vorstellungsgesprächs nicht der Fall, kommen Sie unbedingt noch darauf zu sprechen. Wie Sie das am besten tun und worauf Sie dabei achten sollten, erfahren Sie in unserem Ratgeber rund um das Thema Gehaltsverhandlung – Tipps für den Erfolg.
Frage an den Karrierecoach: Wie sollten Bewerber:innen, die kein Vertrauen in ihre Verhandlungskünste haben, dieses Thema am besten angehen?
„Der Trick ist, die Verhandlung nicht wie einen Konflikt oder wie ein Problem, sondern wie ein Spiel zu betrachten“, rät Bastian Hughes. „Allein diese Veränderung der Sichtweise auf die Gehaltsverhandlung macht vieles einfacher. Erarbeiten Sie sich Argumente, die Ihren Gehaltswunsch rechtfertigen. Suchen Sie sich jemanden, mit dem Sie die Gehaltsverhandlungen üben können.“
Noch ein Tipp für die Verhandlung: „Nennen Sie Ihre Wunschzahl und beißen Sie sich danach auf die Zunge. Jetzt ist Ihr Gegenüber dran, ein Gegenangebot zu machen. Lernen Sie, die Stille auszuhalten. Das ist die beste Technik in einer Verhandlung.”
Fazit: Eigene Gehaltswünsche realistisch ermitteln – und selbstbewusst formulieren
Bevor Sie Ihre Bewerbungsmappe abschicken, recherchieren Sie Ihre Gehaltsvorstellung stets sorgfältig. Legen Sie dabei eine Ober- und Untergrenze fest, die jeweils Ihren Verhandlungsspielraum darstellt. In Ihrem Anschreiben formulieren Sie am besten einen genauen Betrag am Ende und besprechen diesen im Bewerbungsgespräch noch einmal. Vor allem aber gilt: Seien Sie selbstbewusst und trauen Sie sich ruhig, den Ball zum Thema Gehalt und Budget an den Arbeitgeber zurückzuspielen. Solange Sie Ihren eigenen Gehaltswunsch verargumentieren können und hierfür professionelle Herangehensweisen zugrundelegen, haben Sie nichts zu befürchten.
Bastian Hughes
Bastian Hughes ist Gründer der Plattform Berufsoptimierer.de. Zuvor arbeitete er zehn Jahre lang als Personaler. Seit 2017 hat er als Karrierecoach in über 3.000 Coaching-Stunden Menschen in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt. Seine Schwerpunkte liegen unter anderem in den Bereichen Vorstellungsgespräch, Gehaltsverhandlung, Kommunikation und Konfliktbewältigung.
