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Arbeitsalltag

Angst vor der Arbeit überwinden (mit Expertentipps)

Gepostet von Hannes Jarisch

Autor & Karriere-Experte bei Glassdoor

Letzte Aktualisierung 26. Juli 2023
|10 Min. Lesezeit

Viele Arbeitnehmer:innen kennen das Gefühl, Angst vor der Arbeit zu haben. Diese Angst ist ganz unterschiedlich begründet: Manchmal liegt es an einer neuen Arbeitsstelle, manchmal an einer generellen Überforderung im Job, dem eigenen Perfektionismus oder auch Mobbing. In einigen Fällen lässt sich auch gar kein spezifischer Grund für die Angst vor der Arbeit ausmachen. Lesen Sie hier, wie Sie lernen, mit Angstgefühlen bezogen auf den Job besser umzugehen und die Angst vor der Arbeit zu überwinden.

Sandra Manich

Sandra Manich ist Life-, Mental- und Business-Coach. Sie unterstützt ihre Klient:innen dabei, ihr volles Potenzial zu entfalten, negative Denkmuster loszulassen und Bewältigungsstrategien für Krisen zu entwickeln.

Dr. Jo Aschenbrenner

Frau Dr. Jo Aschenbrenner, ist Rechtsanwältin, Autorin und Coach mit 20+ Jahren Erfahrung im Rechtsmarkt. Nach ihrer Tätigkeit bei Freshfields Bruckhaus Deringer in München hat sie gemeinsam mit Markus Hartung das Bucerius Center on the Legal Profession geleitet, das Studien zum Rechtsmarkt und zu Leadership-Themen verfasst und corporate training programs entwickelt hat. Ihr Buch FOR PURPOSE ist das Referenzwerk für radikal moderne Unternehmensführung auf der Basis der Holacracy Praxis und integriert moderne Prinzipien in die Rechtsgrundlagen des Unternehmens. Heute ist sie als Coach für mentale Gesundheit und Impact Leadership virtuell und südlich von Hamburg tätig.

Was genau ist eigentlich Angst?

„Angst ist eine Emotionen, die zu den grundlegenden Emotionen des Menschen gehört“, erklärt Dr. Jo Aschenbrenner, Coach für mentale Gesundheit. „Ihr Ziel ist es, Sie vor Gefahr zu schützen. Angst geht nie weg, sie gehört zu unserem Leben dazu. Allerdings können wir lernen, uns mit der Angst konstruktiv auseinanderzusetzen, sie nicht mehr zu fürchten und sie stattdessen so wie jede andere Emotion - positiv, wie negativ - zu behandeln.“

Was sind die Symptome bei Angst vor der Arbeit?

Viele Menschen hatten schon einmal Angst vor der Arbeit. Die Symptome sind dabei vielfältig und können sich individuell stark voneinander unterscheiden. Sie treten entweder während der Arbeitszeit oder bereits beim Gedanken an die Arbeitsstelle auf.

Zu den typischen Symptomen bei Angst vor der Arbeit gehören:

  • körperliche Symptome wie Herzrasen, Schweißausbrüche, Schwindel, Magenbeschwerden oder Zittern
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Häufige Krankschreibungen
  • Unzuverlässigkeit auf der Arbeit
  • Probleme, außerhalb der Arbeit abzuschalten
  • Panikattacken

Die Symptome, die mit einer Angst vor der Arbeit einhergehen, können auch zahlreiche andere körperliche oder psychische Ursachen haben. Sie sollten sich daher stets an einen Experten oder eine Expertin wenden, um die genauen Ursachen der Beschwerden abzuklären. 

Was sind mögliche Ursachen für Angst vor der Arbeit?

Ein zeitlich beschränktes Unwohlsein im Job ist etwas, mit dem viele Arbeitnehmer:innen bereits Erfahrungen gemacht haben. Kritisch wird es immer dann, wenn dieser Zustand über einen längeren Zeitraum anhält und sich merklich auf Ihre Leistung im Job und Ihre Lebenszufriedenheit auswirkt.

Angst ist in evolutionärer Hinsicht eine Lüge. Die Emotion Angst wird in unserem Gehirn von unserem limbischen System initiiert. Dieser Mechanismus suggeriert uns noch immer, dass wir uns in Lebensgefahr befinden. In der Regel ist das jedoch auf der Arbeit nicht der Fall, es fühlt sich allerdings für unser Gehirn fälschlicherweise so an. Ein erster Schritt zum Umgang mit Ihrer Angst ist es daher, sich klar zu machen, dass Sie nicht in Lebensgefahr schweben, wenn Sie Angst vor der Arbeit haben.

Dr. Jo Aschenbrenner

1. Überforderung

„Überforderung kann zu Angst vor der Arbeit führen“, sagt Sandra Manich. „Wenn der Workload immer weiter steigt und irgendwann die Grenzen des Machbaren überschreitet, kann das sehr überwältigend sein.“

Eine dauerhafte Überforderung im Job, zum Beispiel durch zu viele Verantwortlichkeiten oder Aufgaben, ist einer der häufigsten Gründe für die Angst vor der Arbeit. Dauerhafter Zeitdruck, Stress und viele Überstunden sind hier schnell die unschönen Folgen. In einem solchen Umfeld ist es schwer, produktiv zu sein.

Lesen Sie dazu den Glassdoor-Beitrag zum Thema Burnout am Arbeitsplatz vermeiden.

2. Neue Arbeitsstelle

„Ein Jobwechsel kann ebenfalls zu Ängsten führen: Das Ungewisse, das auf einen wartet, die Unmenge an neuen Infos, die bald auf einen einströmen werden, die unbekannte Umgebung, die neuen Kolleg:innen sind potentielle Ursachen für Unwohlsein und Angst“, erklärt Sandra Manich.

Gegen die Angst vor einem neuen Job hat Manich auch konkrete Tipps.

Erinnern Sie sich an all die Aufgaben, die Sie in der Vergangenheit bereits bewältigt haben und die Erfolge, die Sie in Ihrer Karriere bisher gefeiert haben. Wenn Sie einen anderen Job für die neue Stelle gekündigt haben, dann ist es auch hilfreich, etwas Selbstreflektion zu betreiben und zu überlegen, was die Gründe für diese Kündigung waren, warum Sie sich überhaupt für etwas Neues entschieden haben und welche Vorteile der neue Job mit sich bringen wird.

Sandra Manich

Lesen Sie hier, wie Sie an Ihrem ersten Arbeitstag im neuen Job einen guten ersten Eindruck hinterlassen.

3. Rückkehr nach dem Urlaub

Auch die Rückkehr in den Job nach einem längeren Urlaub kann zu Unwohlsein oder direkt zu Angst vor den ersten Arbeitstagen nach der Abwesenheit führen.

Indem Sie am ersten Arbeitstag nach dem Urlaub Struktur schaffen, können Sie die Rückkehr nach dem Urlaub jedoch größtenteils stressfrei gestalten.

4. Perfektionismus

Perfektionismus führt ebenfalls häufig zu Angst im Job. Zu hohe Anforderungen an sich selbst sind häufig nur schwer erfüllbar und daher ein Grund für Überforderung, Frust und Angst.

„Die Angst vor dem Versagen ist relativ typisch für Arbeitnehmer:innen“, sagt Sandra Manich. „Hier geht es darum, nicht gut genug zu sein oder Fehler zu machen. Häufig kommt ein solcher Druck gar nicht von außen, sondern von uns selbst. Zu diesem Phänomen gehört auch das sogenannte Hochstapler-Syndrom oder Imposter-Syndrom, bei dem die Betroffenen fürchten, dass jemand feststellen könnte, dass sie eigentlich gar nicht kompetent genug für ihren Job sind. Manche fürchten dann in weiterer Folge den Verlust des Arbeitsplatzes.“

5. Mobbing

„Ein weiterer Grund für Angst vor der Arbeit ist Mobbing“, sagt Sandra Manich. „Eine feindselige Umgebung als Arbeitsplatz ist etwas, das vielen Menschen Angst einflößt.“

Unter Mobbing versteht man dabei wiederholte Angriffe auf eine bestimmte Person. Im Job erfolgt Mobbing meistens auf der psychologischen Ebene und äußert sich beispielsweise in negativen Kommentaren gegenüber bestimmten Kolleg:innen.

Dadurch kann eine dauerhafte Stress- und Leidenssituation entstehen, die es unmöglich macht, produktiv zu arbeiten. Mobbing im Job ist oft ein eindeutiges Zeichen für ein toxisches Arbeitsumfeld.

6. Soziale Phobie

„Auch soziale Ängste können eine Rolle spielen, wenn sich zum Beispiel jemand in einer Gruppe nicht wohlfühlt, beruflich aber im Team arbeiten und viel mit anderen Leuten interagieren muss“, sagt Sandra Manich. Gerade für introvertierte Arbeitnehmer:innen ist zu viel Kontakt zu anderen Menschen im Job ein starker Stressfaktor, der auch zu einer generellen Angst vor der Arbeit führen kann.

„Viele Arbeitnehmer:innen haben das Ziel, von allen Kolleg:innen gemocht zu werden. Wenn das nicht funktioniert, kann sich daraus eine Angst entwickeln, die oft so stark und so real ist, dass es einen hohen Leidensdruck gibt“, sagt Dr. Jo Aschenbrenner.

Falls Sie in Ihrem Job durch den Kontakt zu anderen Menschen gestresst sind, ist es vielleicht Zeit für eine berufliche Neuorientierung. Hier finden Sie die besten Jobs für Introvertierte.

Angst vor der Arbeit ohne Grund

Manchmal lässt sich auch gar kein konkreter Grund für die Angst vor der Arbeit identifizieren. Was können Sie dann gegen das unangenehme Gefühl tun? Das erfahren Sie in den folgenden TIpps, um die Angst vor der Arbeit zu überwinden.

Tipps, um die Angst vor der Arbeit zu überwinden

1. Ergründen Sie die Ursachen für Ihre Angst

Um effektiv mit Ihrer Angst umzugehen, müssen Sie die Ursachen für Ihr Unwohlsein ergründen. Nehmen Sie sich dafür in einem ruhigen Moment die Zeit und gehen Sie die obige Liste an möglichen Ursachen für die Angst vor der Arbeit durch.

Häufig beschäftigen wir uns nicht gerne mit negativen Dingen und Gefühlen und machen sie dadurch größer, als sie eigentlich sind. Gehen Sie rational an die Sache heran und notieren Sie sich alle Gründe für Ihre negativen Gefühle, die Ihnen einfallen. Vielleicht ergeben sich daraus schon die ersten Lösungsansätze.

Ängste entstehen größtenteils im Kopf. Sie sollten sich also zunächst bewusst machen, dass es sich bei Angst um Ihre mentale Bewertung einer Situation handelt. Wenn Sie sich beispielsweise Gedanken über Ihre berufliche Zukunft machen, können Sie das entweder angstvoll tun oder dabei gelassen bleiben. Die Situation bleibt die gleiche, nur Ihre Bewertung ist eine andere. Man muss also fürs Erste lernen, die Situation anders zu bewerten, nämlich optimistisch anstatt ängstlich.

Sandra Manich

2. Schaffen Sie durch Körperübungen Abhilfe in angstbesetzten Situationen

„Eine einfache Methode zur Angstbekämpfung sind verschiedene Atemtechniken“, sagt Dr. Jo Aschenbrenner. Ihre Empfehlung ist die 47/11-Methode:

  • Einatmen und dabei bis 4 zählen
  • Ausatmen und dabei bis 7 zählen
  • Das Ganze 11 mal wiederholen

„Durch dieses Vorgehen wird das sogenannte Beruhigungssystem wieder aktiviert und die Angst verschwindet. Merken Sie sich unbedingt: Kein Gefühl bleibt ewig, das ist biologisch unmöglich.“

Sandra Manich nennt noch weitere Körperübungen, die Angst wirksam bekämpfen können:

  • Im Sitzen oder Stehen: Beide Füße fest auf den Boden stellen
  • Alle Muskeln nacheinander an- und wieder entspannen
  • Eine Affirmation verwenden, zum Beispiel: „Ich bin ruhig und entspannt“

3. Sprechen Sie mit Ihrem/Ihrer Vorgesetzten

Ihre Chefin oder Ihr Chef ist in vielen Fällen der/die richtige Ansprechpartner:in, wenn Sie Angst vor der Arbeit haben, zum Beispiel, wenn Sie sich dauerhaft überfordert fühlen. Dann sprechen Sie mit Ihrem/Ihrer Vorgesetzten über eine Reduzierung Ihrer Verantwortlichkeiten.

Wenn Sie sich nicht direkt Ihrem Chef oder Ihrer Chefin anvertrauen möchten, ist auch ein erstes Gespräch mit Kolleg:innen ein guter Weg, um Lösungen für Ihre Situation zu finden. Vielleicht stellen Sie so auch fest, dass sich eine Kollegin oder ein Kollege in einer ganz ähnlichen Situation befindet und sie so gemeinsam an Lösungsstrategien arbeiten können.

Führen Sie ruhige und besonnene Gespräche mit Vorgesetzten und Kolleg:innen. Sie werden schnell merken, dass die meisten Ängste auf falschen Vorstellungen beruhen und nichts mit der Realität gemein haben.

Dr. Jo Aschenbrenner

4. Bringen Sie mehr Struktur in Ihren Arbeitsalltag

Angst ergibt sich häufig aus Unsicherheit. Wenn Ihr Schreibtisch immer chaotisch ist, Sie keinen Überblick über Ihre Termine haben und immer nur von einer Deadline zur nächsten hetzen, kann das nicht nur für viel unnötigen Stress sorgen, sondern auch der Auslöser von Angstzuständen und Panik sein. Vielleicht sind Sie sich diesen Mechanismen auch gar nicht bewusst.

„Der erste Schritt ist immer, die Angst wahrzunehmen und NICHT nach ihr zu handeln, sondern das Beruhigungssystem im eigenen Körper anzuschalten“, rät Aschenbrenner. „Erst dann ist es Ihrem Gehirn überhaupt möglich, wieder in den Modus des Planens und Strukturierens einzutreten. Vorher geht das neurobiologisch gesehen nicht! Planen Sie Ihren Tag so, dass Sie alle Aufgaben erledigen können.“

Versuchen Sie daher, möglichst viel Ordnung in Ihren beruflichen Alltag zu bringen, zum Beispiel mit einem gut gepflegten Terminkalender, einem (halbwegs) aufgeräumten Schreibtisch und angemessener Selbstorganisation.

Sandra Manich fügt hinzu: „Hier kann es auch helfen, verschiedene Techniken aus dem Bereich des Stressmanagements zu erlernen und anzuwenden: Regelmäßig Sport und Bewegung, Entspannungstechniken wie Yoga oder Qi Gong oder auch Hobbies, die einem Kraft und Energie spenden, um nur einige zu nennen.“

5. Konfrontieren Sie sich mit Ihrer Angstsituation

Ist Ihre Angst vor der Arbeit mit einer konkreten Person oder Situation verbunden, dann kann es helfen, wenn Sie sich direkt damit konfrontieren. Diese Methode hilft zum Beispiel bei sozialen Ängsten. Fürchten Sie sich beispielsweise davor, im Meeting vor Ihren Kolleg:innen das Wort zu ergreifen, dann sollten Sie sich genau das für den nächsten Termin vornehmen.

„Zusätzlich kann man sich vornehmen, in kleinen Babyschritten vorzugehen, beziehungsweise den ersten Tag ruhigen Mutes anzugehen und den Fokus auf das zu richten, was man im Job gerne macht und was einen freut“, rät Sandra Manich.

6. Fragen Sie nach (professioneller) Hilfe

Manchmal sind die einfachsten Lösungen auch die besten. Wenn Sie zum Beispiel das Gefühl haben, aufgrund Ihrer zahlreichen Aufgaben und Verpflichtungen im Job überfordert zu sein, fragen Sie eine Kollegin oder einen Kollegen um Hilfe.

Wenn die Selbstreflexion nicht zum Ziel führt, kann es hilfreich sein, professionelle Hilfe zum Beispiel durch einen Coach oder einen Psychologen in Anspruch zu nehmen, um der Sache auf den Grund zu gehen.

Sandra Manich

Fazit - Angst vor der Arbeit verstehen und überwinden

In einem gesunden Maße sind Angst und Nervosität hilfreich, weil Sie zum Beispiel dafür sorgen, dass wir in einem wichtigen Moment, zum Beispiel in einem Mitarbeitergespräch, besonders aufmerksam sind. Übermäßige Angst sollte aber auf keinen Fall zum Dauerzustand werden. Falls die hier genannten Tipps Ihnen nicht weiterhelfen, Ihre Angst vor der Arbeit eigenständig zu überwinden, zögern Sie nicht, sich psychotherapeutische Hilfe zu suchen.

Noch eine simple, lustige Methode zum Schluss: Singen! Unser Gehirn kann nur eines – entweder singen oder Angst haben. Also einfach los singen oder zumindest eine Playlist einschalten, die die Stimmung wieder hebt.

Sandra Manich