Jobsuchende haben immer häufiger die Qual der Wahl zwischen unterschiedlichen Job-Angeboten. Je nachgefragter ihre Qualifikation ist, desto wählerischer können sie sein. Dass Jobsuchende aktuell in Deutschland besonders anspruchsvoll sein können, zeigt auch eine aktuelle Glassdoor Auswertung. Im Schnitt wurden 21,7 Prozent aller Job-Angebote hierzulande in den Jahren 2018 und 2019 abgelehnt, also mehr als jedes fünfte, das Bewerbenden unterbreitet wird. Das geht aus Angaben der Nutzer*innen in Arbeitgeberbewertungen hervor. Damit steht Deutschland in dieser Hinsicht an der Spitze eines Ländervergleichs. In den USA, die an zweiter Stelle rangieren, wurden noch 17,3 Prozent aller Angebote abgelehnt. Darauf folgen Frankreich mit 16,5 und Kanada mit 16,2 sowie Großbritannien mit 15,7 Prozent. In die Auswertung sind mehr als 10.000 Bewertungen (von Bewerbungsprozessen) von Berufstätigen in Deutschland eingeflossen.
Der Trend zeigt einen Anstieg der Absagequote über die Jahre
Der im internationalen Vergleich hohe Anteil an Absagen ist ein Beleg dafür, dass es Arbeitgeber in Deutschland zunehmend schwerer haben, Talente für sich zu gewinnen. Die Absage am Ende eines absolvierten Bewerbungsprozesses ist dabei für Unternehmen besonders schmerzhaft. Denn in der Regel ist bis zu diesem Zeitpunkt in den mehrstufigen Prozess schon sehr viel Zeit und damit Geld geflossen. Nach einer Absage müssen sich Unternehmen für weniger geeignete Kandidat*innen entscheiden oder - noch schlimmer - den Prozess noch einmal von vorne beginnen, sollte es keine Alternativen geben. Der Trend der letzten acht Jahre deutet zudem auf einen möglichen weiteren Anstieg der Absagen in den nächsten Jahren hin:
Weniger Absagen durch anspruchsvolle Bewerbungsprozesse
Können Unternehmen aus eigenen Kräften etwas tun, um diesem Trend zu trotzen? Ja, sie können ihre eigenen Bewerbungsprozesse anpassen. Dies raten zumindest die Arbeitsmarktökonomen von Glassdoor, die die Angaben der Nutzer*innen auf der Plattform weiter ausgewertet haben. Dabei kam heraus, dass es ein adäquates Mittel sein kann, Bewerbungsverfahren schwieriger zu gestalten. Denn: Die Erhöhung des Schwierigkeitsgrades von Bewerbungsverfahren führt zu einer geringeren Absage-Quote am Schluss. Bemerkenswert: Dieser Effekt lässt sich besonders in Branchen beobachten, in denen ein hoher Anteil von Wissensarbeitern tätig ist. Auf Berufstätige in Deutschland bezogen heißt das: Die Erhöhung des Schwierigkeitsgrades um einen Punkt auf der 5-Punkte-Bewertungsskala von Glassdoor, lässt den Anteil der angenommen Job-Angebote in diesen Branchen um 3,1 Prozent in die Höhe schnellen. Am stärksten ist dieser Zusammenhang bei Berufstätigen in Großbritannien ausgeprägt. Dort geht es satte 4 Prozentpunkte in die Höhe, wenn sich der Schwierigkeitsgrad um einen Punkt erhöht. Aber auch in allen anderen untersuchten Ländern lässt sich die Korrelation beobachten.
Schwierige Bewerbungsprozesse motivieren die Kandidat*innen
Ein einfacher Bewerbungsprozess kann den Kandidat*innen den Eindruck vermitteln, dass ihre spätere Tätigkeit auch weniger anspruchsvoll sein wird. Dies kann karrierebewusste Bewerbende abschrecken, die sich eine herausfordernde Tätigkeit für das eigene Vorankommen und die Weiterentwicklung wünschen. Zudem werden wohl bei zu einfachen Verfahren Zweifel bei den Bewerbenden aufkommen, dass sie von den neuen Kolleg*innen und Vorgesetzten viel lernen werden. Wer hingegen ein Angebot am Ende eines herausfordernden Bewerbungsprozesses erhält, wird es als eine Auszeichnung für eine starke Leistung empfinden. Letzteres erhöht offenbar die Motivation und die Wahrscheinlichkeit, das unterschriftsreife Angebot auch anzunehmen.
Weitere Inhalte zum Thema:
20 außergewöhnliche Fragen aus Vorstellungsgesprächen
Jobangebot annehmen? Diese Fragen helfen bei der Entscheidung